„Was ist denn das für ein schäbiger Schuppen?“, fragte ich. Der graue Putz der Fassade war großflächig abgebröckelt und gab den Blick frei auf ein morsches, fauliges Gestein darunter. Die Fenster hatte man mit dicken Spanplatten und Plastikfolie vernagelt, nur das schwach beleuchtete Schild mit der Aufschrift ‚Moby Dick‘ deutete darauf hin, dass sich im Erdgeschoss dieser Bruchbude ein Lokal befand. Und zwar eines, das auf mich nicht besonders einladend wirkte. Petuchow jedoch zuckte nur mit den Schultern, als ich ihn vorwurfsvoll anblickte.
„Ist das etwa ein bourgeoiser Dünkel, den Sie da an den Tag legen?“, lachte er. „Die flämische Arbeiterklasse weiß schon, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten, glauben Sie mir!“ Mit einem Seufzer ergriff ich die Türklinke, sie bewegte sich ausgesprochen schwer. Im Innern begrüßte uns eine Wand aus Tabakqualm, nur mit Mühe erkannte ich dahinter ein paar schattenhafte Figuren. Verwirrt wandte ich meinen Blick zu Petuchow, der mit einem schelmischen Lächeln hinzufügte: „Im Ernst: Erzählen Sie besser niemandem, in was für verwegene Etablissements ich sie hier führe, Genosse.“
Am Tresen saßen ältere Männer mit gegerbten Gesichtern. Sie trugen verschmutzte Arbeitskleidung und starrten apathisch in die Nebelschwaden. Ich wusste nicht, wonach wir hier suchten, folgte daher Petuchow, der zügig an mir vorbeizog. Der Oberleutnant steuerte wissenden Schrittes auf einen Vorhang an der Wand zu, in dessen dunkelgrünem Filz der Qualm von Jahrhunderten zu stecken schien, so schwer und speckig war er. Dahinter verbarg sich eine Metalltür, an die Petuchow dreimal klopfte. Nichts regte sich. Ich schaute mich nervös um. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit.
Mein Begleiter hielt den Blick auf die Tür gerichtet, als versuchte er, sie durch die bloße Kraft seines Willens zum Öffnen zu zwingen. Da sperrte ein bärbeißiger Lulatsch auf, sicher über zwei Meter groß und so breit wie wir beide zusammen, das Gesicht von zahlreichen Narben verziert, eine Walther PPK am Gürtel über dem Mantel. Zu meinem Erstaunen genügte ein kurzes, tonloses Nicken von Petuchow, schon räumte der Wachmann den Weg für uns. Wir überquerten einen kleinen, verschneiten Innenhof. Das Mondlicht fiel auf Mülltonnen, die überquollen vor stinkendem Unrat.
Auf der gegenüberliegenden Seite wurden wir von einem moderigen Gang verschluckt, der mehrmals um die Ecke bog. Ich versuchte, mir Details zu merken, um im Notfall wieder nach draußen zu finden, vergaß sie aber gleich wieder. Mein Herz schlug jetzt schneller. Ein tiefes Brummen und Dröhnen drang an meine gespitzten Ohren, erst nach einer Weile erkannte ich in diesem Geräuschteppich so etwas wie Musik. Männer in langen Filzmänteln versperrten eine weitere Tür, doch auch sie ließen uns passieren, nachdem Petuchow ihnen geheimnisvoll zugenickt hatte.
„Ich kenne den Besitzer des Lokals“, sagte er, als wäre es eine vernünftige Erklärung für all das. „Bereit, Genosse Oberleutnant?“ – „Selbstverständlich“, presste ich halblaut hervor. Er lächelte nun nicht mehr spitzbübisch wie vorhin, sondern geradezu teuflisch und riss die Tür auf. Hitze schlug uns entgegen. Grelles Licht, unzählige Lampen, sie strahlten durcheinander, abwechselnd, einem irren Muster folgend, manche von ihnen drehten sich. Die Musik entpuppte sich als schriller, elektronisch verstärkter Jazz in ohrenbetäubender Lautstärke.
Eine blonde, stark geschminkte Frau bat um unsere Karten. Petuchow flüsterte etwas in ihr Ohr, was sie zum Lachen brachte. Ich zögerte, doch er griff meinen Arm und zog mich mit sich. Wir drängten eine steile Treppe hinunter, vorbei an unzähligen jungen Damen in knappen Kleidern, die laut miteinander schwatzten. Ein Mann im eleganten Gesellschaftsanzug kam uns entgegen, eine Champagnerflasche in der Hand. Der Kerl trug tatsächlich einen zweireihigen Smoking mit Schalkragen, ein blütenweißes Baumwollhemd und dazu eine passende schwarze Fliege.
„Was wird hier gefeiert?“, fragte ich.
„Waaas?“
Ich wiederholte mich schreiend.
„Sie feiern das Ende…“, rief Petuchow, „…das Ende der Welt.“ Er lachte auf, die Zähne zeigend, und eilte schnellen Schrittes voran in einen Saal.
Es musste sich um ein ehemaliges Theater handeln. An den hohen Decken hingen noch Reste von elegant verschnörkeltem Stuck. In der Mitte war ein vergoldeter Kronleuchter mit langen, geschwungenen Armen platziert. In seiner glänzenden Oberfläche blitzen unzählige bunte Reflexionen auf. Eine verschneite Berglandschaft begrüßte mich, Paris mit Eifelturm und eine Oase im heißen Wüstensand. Man hatte alte Bühnenmalereien an die Wände genagelt, dazwischen waren Spiegel angebracht. Das Licht tauchte alles abwechselnd in grelles pink, blau oder grün.
Es war eng und stickig, überall tanzten schwitzende Menschen, von denen ich nur Konturen erkannte und groteske Grimassen, angestrahlt von Lichteffekten. Mal war es mir, als würde ich ein bekanntes Gesicht erkennen, doch dann stellte es sich sofort wieder als Täuschung heraus. Dicht an dicht drängten sich die Körper und bewegten sich zu einer Musik, deren Rhythmus auch auf mich mitreißend wirkte. Wir umrundeten eine Säule und gelangten in einen noch größeren Saal mit einer Bühne, vor der ein paar uniformierte Milizionäre tanzten, die Pistolen im Holster.
Ständig wurde ich angestoßen. Ich hielt die Arme vor den Oberkörper, im Versuch mich zu schützen, wich den umherfliegenden Gliedmaßen aus, wehrte sie ab, so gut es ging. Die letzten Unterschiede verschwammen. Alle sahen gleich aus. Die Bewegung der Glieder bestimmte den Raum. Das Hämmern des Rhythmus vereinte die Menschen zu einem höheren Ganzen. Jedes Herz schlug im Takt der Musik, geeinigt war das Kollektiv durch die unwiderstehliche, unmittelbare Gewalt dieser gemeinsamen Sinneserfahrung. Und ich war beinahe ein Teil davon.
Mein Blick blieb an einem Jüngling haften. Seine Gesichtszüge waren zart, das Haar lockig, die Bewegungen sanft und verspielt. Er schien vollkommen unbeschwert, tanzte dabei aber nach einem anderen Schritt als die Menschen um ihn, so als wäre er ganz und gar zufrieden mit sich selbst. Ich spürte eine spontane Abneigung gegen diesen Tänzer und seine offensichtliche Selbstsüchtigkeit. Er zerstörte das ganze Bild! Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle verhaftet, und dachte sogar schon über einen Vorwand dafür nach, als Petuchow mich weiter zog.
„Da sind ein paar von unseren Leuten“, rief Petuchow und winkte einer Gruppe Sowjetsoldaten, die an einem Tisch saßen und Karten spielten. „Kommen Sie, Dimitri Dimitrijewitsch, wir zocken eine Runde.“
„Sind Sie denn verrückt?“, entgegnete ich entsetzt und blieb augenblicklich stehen. „Sie können doch nicht mit den Mannschaften spielen! Womöglich sogar um Geld…“
„Warum nicht?“, fragte er mit einer Naivität, die so gar nicht zu ihm passte.
„Das ist verboten. Und Sie sind Offizier, Mann!“
„Meine Güte, ein kleines Spiel mit den Leuten…“
Ich fand meine Fassung wieder und zog Petuchow an mich, schaute ihm scharf in die Augen und fragte: „Und was ist, wenn sie verlieren? Was tun Sie dann?“ Er kniff die Augen zusammen und murrte, aber er begriff.
„Mit Verlaub, Genosse Grigorjew. Ich glaube, Sie sehen das alles viel zu verbissen. Der Bürodienst tut Ihnen wohl gar nicht gut. Werden Sie jetzt auch einer dieser verknöcherten Schreibtischoffiziere, die nie ein Auge zudrücken? Ich denke, man muss auch mal eine Ausnahme machen können. Sonst wirkt man ganz schnell überheblich gegenüber den Leuten, es könnte sogar der Eindruck der Lächerlichkeit entstehen.“ Ich schüttelte erbost den Kopf. „Naja. Trinken Sie Schnaps, Genosse Politkommissar?“, lenkte er ab. – „Gern doch.“
„Sie servieren einen ausgezeichneten Absinth hier, probieren Sie den einmal.“ Wir setzten uns an den Tresen und Petuchow kam noch einmal auf das Thema zu sprechen. Ich wusste nicht, ob er mich provozieren oder belehren wollte. „Manche glauben vielleicht, dass Ihnen etwas fehlen würde. Als gäbe es da eine geheime Regel, die sie noch nicht kennen. Und bis sie herausgefunden haben, wie die lautet, halten sie jede einzelne Vorschrift im Handbuch peinlichst genau ein. Aber kommt wahre Autorität nicht eher durch eine etwas, nun ja, menschliche Herangehensweise zum Ausdruck?“
„Da bin ich aber überhaupt nicht ihrer Ansicht. Wenn wir erst einmal anfangen, die Grenzen zu verwischen zwischen richtig und falsch, dann…“
„Aber sie nehmen noch einen, oder?“, unterbrach er mich. Sein Blick wirkte plötzlich etwas sonderbar, ein wenig gereizt. Aber schon lächelte Petuchow wieder. Hatte ich mir das jetzt eingebildet? „Ja. Sehr gern.“ Ich überlegte, schaute mich nervös um, der Bass wummerte, eine Akrobatin räkelte sich auf einem Trapez, das von der Decke hing. Zwei einander gegenüberliegende Spiegel projizierten ihre Reflexion bis in die Unendlichkeit. Ich hatte den Faden verloren und fand ihn nicht wieder. Wir tranken ein weiteres Glas. „Der Nächste geht auf mich.“
„Wir müssen bei allem doch eine gewisse Distanz zu der Rolle aufrechterhalten, die wir tagtäglich spielen“, sagte er nun und legte die Stirn in theatralischer Weise in Falten, ganz als wäre er ein weiser, alter Mann. Dabei lächelte er wieder keck, beides passte überhaupt nicht zueinander. „Gelassenheit ist eine Tugend. Man muss sich bewusst sein, dass man nicht ganz identisch ist mit Uniform und Dienstgrad, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Kommt es denn nicht auch auf die Solidarität an und den Gemeinschaftssinn?“
„Ich möchte gar nicht auf Distanz zu meiner eigenen Rolle gehen“, erwiderte ich konsterniert und bestellte den Schnaps. „Die Rolle ist doch alles, was wir haben.“ – „Wie bitte? Glauben Sie etwa, Sie wären nur ein Kleiderständer für ihre Uniform? Auf die Gesundheit!“ – „Auf Ihr Wohl.“ Das Zeug schmeckte ausgezeichnet. „Ich meine das absolut ernst. Die Uniform ist der einzig edle Teil an einem Menschen. Sie gibt ihm eine Funktion, ordnet ihn ein in das große Ganze, bestimmt seinen Platz in der Gesellschaft und auch in der Geschichte.“ – „Aber…“
Ich wies Petuchow per Handzeichen an, dass er mich in meiner Rede nicht unterbrechen sollte, und bedeutete dem Kellner, noch einmal einzugießen.
„Ein Mensch kann doch überall gemacht werden, es genügt ein wenig Leichtsinn und Unachtsamkeit zwischen zwei Menschen oder auch Gewalt. Eine Uniform entsteht nicht aus solch sinnlosen Zufällen. Von Anfang an hat sie einen Zweck. Es gibt einen konkreten Auftrag zu ihrer Fertigung, ein amtliches Dokument. Vom ersten Tag ihrer Existenz folgt sie einer klar definierten Bestimmung. Deshalb wird sie auch überall anerkannt, von Freund wie Feind mit Respekt behandelt. Das kann man vom Menschen nicht behaupten, der letztlich nur ein zufällig angeordneter Zellhaufen ist.“
„Na, da haben Sie vielleicht Recht.“ Er legte den Kopf schräg und hob die Augenbrauen für einige Millimeter an. „Aber es stimmt auch, was die Leute über sie sagen…“
„Ach. Was sagen die denn?“, blaffte ich und versuchte so zu tun, als interessierte es mich nicht. Dabei hoffte ich, dass das Urteil nicht allzu vernichtend ausfallen würde. Meine Beine zitterten jetzt ein wenig, ich konnte nichts dagegen tun. Es lag wohl am Alkohol.
„Dass Sie kalt sind. Kalt wie ein Fisch. Und überhaupt keinen Spaß verstehen. Auf Ihr Wohl.“
Wir tranken und mir wurde übel. Ich entschuldigte mich, um nach einer Toilette zu suchen und schob mich leicht schwankend durch die dicht gedrängten Menschenmassen. Das Orchester spielte einen schnellen Cancan und auf der Bühne warfen die Tänzerinnen ihre langen Beine in die Luft. Ich musste stehenbleiben und sie betrachten. Die Professionalität faszinierte mich. Knie hoch, Knie runter. Gleichschritt der nackten Beine. Biegen, Strecken. Biegen, Strecken. Eine Darbietung von beeindruckender Perfektion!
Die Mädchen waren frei von jeder individuellen Schwäche, geeint in der absoluten Synchronisation, wie die perfekt ineinander greifenden Teile einer einzigen Maschine. Ihr Paradeschritt kannte keine Unsicherheit. Das Kollektiv übertraf sich selbst mit einer überwältigenden Darstellung seiner Schlagkraft. Die Hacken donnerten auf den Boden, vor dem sie keinen Respekt zu haben brauchten. Sie hämmerten sich in mein Gehirn. Gnadenlos stampften sie alles nieder, was Widerstand hätte leisten können. Überwältigt taumelnd wich ich zurück, stieß mit dem Rücken gegen eine Wand.
Auf der Suche nach den Toiletten schob ich einen Vorhang aus Holzperlen zur Seite und stolperte in ein dunkles Hinterzimmer. Mein Stiefel traf auf etwas Weiches und ich zog ihn erschrocken zurück. Um mich zu beruhigen, versuchte ich, tief zu atmen. Doch es stank so sehr nach abgestandenem Bier und kaltem Rauch, dass ich husten musste. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Finsternis, vom Saal her grollten dumpfe Basstöne, die nun klangen, als kämen sie aus weiter Ferne. Ich erkannte reglose Menschen überall um mich, auf dem Boden, übereinander, achtlos hingeworfen.
Ob ich auf ein Bein oder einen Arm getreten war, wusste ich nicht. Es mochten bestimmt zwei Dutzend Körper sein, vielleicht auch mehr, die hier verteilt lagen. Ein lautes Schnarchen von weiter hinten beruhigte mich, irgendwo hustete jemand. Sie waren zumindest nicht tot. Vorsichtig setzte ich meinen Fuß zwischen die Glieder, die zum Teil ineinander verschränkt waren, stieg über sie hinweg. Neben mir bewegte sich etwas. Ich erkannte einen Typen der, versunken ins Delirium, seinen Unterleib rhythmisch an einem anderen Menschen rieb. Es war abstoßend.
Ich fand eine Tür und schob mich leise hindurch. Im Raum dahinter stach mir ein grelles, blaues Licht in die Augen. Die Tür schloss sich von selbst und mit einem Mal umgab mich Stille. Es war kalt, ich stand inmitten eines weißen Nebels, der sich nur langsam, sehr langsam zu lichten schien, mir höflich Platz machte. Auf einem Metalltisch in der Mitte lag ein großer Haufen roten Fleisches. Geschnitten, zum Teil aber auch gehackt. Jemand hatte begonnen, es zuzubereiten, aber plötzlich damit aufgehört, ohne seinen Arbeitsplatz aufzuräumen.
Ich wollte zuerst wieder umkehren, hier zwischen den Töpfen und Pfannen waren ja offensichtlich keine Toiletten zu finden. Doch auch wenn ich nicht wusste warum, und obwohl es keinen vernünftigen Grund dafür gab, musste ich doch weitergehen. Also tastete ich mich vorsichtig an der Wand entlang, fand eine weitere Tür und ließ mich hindurchgleiten. Der Raum dahinter war düster, nur ein schwaches rotes Leuchten ließ seine Grundzüge erahnen. Hier war es warm und stickig. Das Atmen fiel mir schwer.
Da erblickte ich sie direkt vor mir. Nur schemenhaft erkannte ich die Silhouette ihres Körpers, aber ich wusste, dass nur sie es sein konnte. Alicija hatte mich erwartet. Ausgerechnet hier. Ihr Blick traf den meinen. Ich trat näher und sah mich selbst in ihrem Auge, mein Spiegelbild in ihrer Pupille. Doch mit einem Mal spürte ich eine vollkommene Fremdheit an ihr. Das war nicht sie, ich erkannte nur Dunkelheit und sinnlose Leere in diesen Augäpfeln. Wer war diese Frau? Ich wusste nichts von ihr, sie hingegen schien mich mit ihrem Blick zu durchdringen bis in den letzten, schmutzigen Winkel.
Das Ganze war eine Falle, ein Hinterhalt, jetzt begriff ich es. Ich musste sofort hier raus. Stürzend und stolpernd einen Fuß vor den anderen setzend, fand ich endlich eine Tür. Das Gehen ist eine Form des Fallens. Die Positionsveränderung erfolgt, weil der Fall auf der temporär bodenkontaktfreien Seite durch den Schritt gefangen wird. Ein Automatismus, gesteuert vom zentralen Nervensystem ohne Zutun des Geistes. Wir glauben kontrolliert zu gehen, aber eigentlich fallen wir die ganze Zeit, fallen durch unser ganzes Leben, bis zu dem Tag, an dem wir uns nicht mehr abfangen können.
Die Tür führte auf den Hof. Endlich frische Luft! Gierig füllte ich meine Lungen. Mein Gesicht glühte, das Herz schlug wild, der Schweiß wurde von meinem Hemd aufgesogen, warm und stinkend. Alles drehte sich, Kotze schoss mir in den Gaumen. Ich taumelte seitwärts, stützte mich ungelenk gegen einen Baum und erbrach eine ätzende Flüssigkeit in den Schnee. Durchatmen. An den Zweigen hingen kleine Eiszapfen. Leichter Wind ging hindurch, traf am heftigsten die äußeren, die nicht so gut geschützt waren, und bewegte sie hin und her. Doch die Zapfen blieben hängen.
„Ey, du Schwein, was machst du da hinten?“, brüllte jemand. Ich wischte mir die Kotze aus dem Gesicht, richtete mich auf, streckte die Brust raus und drehte mich um. Der Wachmann überlegte kurz, dann erkannte er mich wieder. Ihm fiel wohl Petuchow ein. Jetzt schaute er ängstlich auf meine Uniform. „Oh… Ich bitte um Entschuldigung, Herr Offizier.“ – „Schon in Ordnung.“ Ich nickte und verließ das ‚Moby Dick‘, ohne mich von Petuchow zu verabschieden. Auf der Straße begannen meine Knie zu schlottern. Ich ging los und bemerkte erst Stunden später, dass ich mich verlaufen hatte.